Auf die richtige Mischung kommt es an!
Mit Selbstverständlichkeit geht man davon aus, dass jede Tablette in der Packung die gleiche Zusammensetzung und demzufolge die gleiche Wirkung hat. Auch im Waschpulver soll die Enzymschicht auf jedem einzelnen Granulat ihre volle Wirkung entfalten. Der Landwirt erwartet, dass in den Pellets von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln die einzelnen Wirkstoffe in der richtigen und immer exakt gleichen Zusammensetzung enthalten sind. Und ein Kakaopulver, das uns braun einstaubt, anstatt sich gut verrühren zu lassen, würde in Windeseile zum Ladenhüter.
Hersteller von Pulvern, Granulaten und Pellets sind grundsätzlich an Produktionsmethoden interessiert, die den Ansprüchen ihrer Kunden gerecht werden. Die Umsetzung dieser Ansprüche ist auch eine Herausforderung für die Wissenschaft. Hinter dem Kürzel NaWiTec steckt die Nachwuchsforschungsgruppe Wirbelschichttechnik an der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik der Universität Magdeburg.
Der Zusammenschluss junger Wissenschaftler erforscht beispielsweise, wie im Wirbelschichtverfahren aus einem flüssigen Ausgangsstoff Granulate und Pulver mit den konkret gewünschten Partikelstrukturen und -eigenschaften hergestellt werden können. Anwendung findet die Methode in Branchen, deren Produkte sich zumeist aus mehreren Wirkstoffen zusammensetzen.
Die Magdeburger Wissenschaftler können für ihre Forschungsarbeit eine der größten und modernsten Versuchshallen weltweit nutzen. Ermöglicht hat den Bau ein Netz regionaler Wirtschaftspartner. Diese regionalen Unternehmen haben auch eine Professur gestiftet, die auf die Erforschung der Formulierung von Partikeln mit hoher Qualität bei gleichzeitiger Energieeinsparung ausgerichtet ist.
Der junge Wissenschaftler Andreas Bück hat diese Stiftungsprofessur inne. Der gebürtige Magdeburger studierte bis 2008 an der Universität Magdeburg Systemtechnik und Technische Kybernetik. Der promovierte Regelungstechniker bezeichnet es als »echten Glücksfall«, auf dem vielschichtigen und wirtschaftsnahen Gebiet der Wirbelschichttechnik zu forschen. »Für die Pharmazie, die Lebensmittelindustrie und für die Landwirtschaft gelten hohe Qualitätsanforderungen und Richtlinien, was die Herstellung und auch die Anwendung ihrer Produkte betrifft«, sagt Bück. »Wenn beispielsweise eine Tablette mehrere Schichten unterschiedlicher pharmazeutischer Wirkstoffe enthalten soll, muss geklärt werden, welche Oberflächenstruktur die Tablette hat – kompakt oder porös, weil deren Eigenschaften dadurch bestimmt werden. Die Frage, wie dick die Schichten der Wirkstoffe sein müssen, ist wichtig. Auch die Frage, wann und unter welchen Bedingungen sich jede einzelne Schicht auflösen soll. An uns ist es dann, der Industrie Lösungen anzubieten, wie diese Schichten herzustellen sind.«
Eine neu entwickelte Sonde soll die Partikel schon während des Wirbelschichtprozesses vermessen. Die Inline-Messung hat den Vorteil, dass sofort eingegriffen werden kann, wenn etwas nicht rund läuft. Wobei man »rund« auch wörtlich nehmen kann. »Wenn die Partikel während der Formulierung nicht rund bleiben, sondern Klumpen bilden, würde die neue Sonde einen zu hohen Feuchtigkeitsanteil signalisieren, bevor die ganze Produktionsanlage verklebt«, erklärt Andreas Bück. Manchmal allerdings seien Klumpen – fachlich präzise ausgedrückt »Agglomerate« – ausdrücklich erwünscht, wie etwa beim erwähnten Kakaopulver. Ohne Agglomeration bliebe es feinster Staub, der sich kaum zu einem Getränk verarbeiten ließe.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Energieeffizienz. Wenn für die Herstellung viel Energie benötigt wird, ist das Produkt am Ende teuer, was die Chancen auf dem Markt nicht gerade fördert. Der Verdampfungsprozess, der im Wirbelschichtverfahren eine große Rolle spielt, hat bislang einen zu hohen Energieaufwand. Die Trägerflüssigkeit, zumeist Wasser, verdampft, indem aufgeheizte Gasmassenströme durch den Verdampfungsapparat geschickt werden. Zu nichts weiter nütze, wird die heiße Luft anschließend abgeleitet. Sie geht verloren, was in keinem guten Verhältnis zum Energieaufwand steht, der für die Erzeugung und Bewegung der heißen Luft aufgebracht wird.
Gemeinsam mit den Partnerunternehmen suchen die Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg nach neuen Methoden, um den Energiebedarf bei der Formulierung und Beheizung der Partikel zu reduzieren. Sie wollen mögliche Strategien für die Wärmerückgewinnung entwickeln und aufzeigen, wo in vor- und nachgelagerten Bereichen des Verdampfungsprozesses die rückgewonnene Energie eingesetzt werden kann. »Wir verfolgen da zwei Wege«, erklärt Andreas Bück. »Auf dem einen steht eine Säule mit einer Spule. Die erzeugt ein Induktionsfeld, in dem erhitzen sich Metallhohlkugeln, die zwischen den Partikeln schweben und diese dann trocknen. Eine andere Methode der Energieeinsparung hat bislang ergeben, dass allein dadurch, dass der Granulationsprozess anders gefahren wird – nämlich das Einsprühen und Trocknen zeitlich voneinander getrennt – bis zu 20 Prozent Energie eingespart werden können, ohne, dass die Produktqualität darunter leidet.«