Hightech-Strategie – Großbrände sicherer löschen
Wie können Feuer schneller und sicherer unter Kontrolle gebracht werden? Möglich macht dies ein neuartiges Löschverfahren, das Forscher unter genau kontrollierten Bedingungen im Projekt AERIUS erproben: ein Projekt aus dem Zukunftsfeld "Zivile Sicherheit" der Hightech-Strategie der Bundesregierung.
Großbrände bei Treibstofflagern oder Lagern von brennbaren Gütern wie Autoreifen können katastrophale Folgen haben. Nicht nur der materielle Schaden ist hoch. Giftige Stoffe gelangen in die Luft. Die Rettungskräfte sind stark gefährdet. Deshalb besteht ein großer Bedarf nach Löschverfahren, die schneller und sicherer als Wasser oder herkömmlicher Löschschaum einen Brand eindämmen.
Anwendungsreife erreichen
Neu ist das Verfahren im vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt AERIUS eigentlich nicht, es stammt aus dem 1930er Jahren, wird auch in der Praxis eingesetzt. "Wir müssen verstehen, wie der Druckluft-Löschschaum wirkt, bevor wir ihn in allen Ernstfallsituationen einsetzen können", erläutert Professor Ulrich Krause, Leiter des Projekts. Er ist verantwortlich für die jetzt laufenden Experimente der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Herkömmlicher Löschschaum besteht aus Wasser und einem Netzmittel, das das Wasser zum Schäumen bringt. Das Neue ist nun, dass sehr viel Druckluft zugesetzt wird, so dass sehr viel mehr luftgefüllte Blasen entstehen. Dabei kommen auf einen Teil Wasser sieben Teile Luft. Woran es genau liegt, dass der Brand schneller gelöscht wird, ist noch nicht klar. Es könnte am größeren Volumen und daher größeren Abdeckung des Brandherdes liegen oder an der niedrigeren Temperatur des Schaums.
90 Experimente
Daher finden derzeit 90 Experimente statt, bei denen unter genau kontrollierten Bedingungen ein Holzstapel, später ein Stapel mit zusätzlichen Kunststoffanteilen, entzündet und dann gelöscht wird. Das geschieht in speziell für Brandexperimente ausgestatteten Experimentierräumen des Instituts für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge.
Sobald die Forscher genauer wissen, welche Aspekte zu beachten sind, sind Großversuche bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin und bei der Berliner Feuerwehr vorgesehen.
Um genau vergleichen zu können, wird das Löschmittel immer in genau definierter Menge und immer gleichem Bewegungsablauf aus einer Apparatur auf den brennenden Stapel gespritzt. Verwendet man nur Wasser, so gelingt es in der vorgegebenen Zeit nicht, das Feuer zu löschen. Bei dem neuen Schaum gelingt es besser, aber auch nicht immer vollständig, sodass nach Ablauf der Experimentierzeit ein Feuerwehrmann den Brand dann komplett löscht. Jedes Experiment wird genauestens vermessen, Gewichtsabnahme, Temperatur und vor allem die Zusammensetzung der Rauchgase.
Giftige Gase
Das ist sicher ein entscheidender Aspekt, denn Brandgase enthalten immer giftige Stoffe. Deshalb werden bei Großbränden Anwohner aufgefordert, die Fenster geschlossen zu halten. Besonders schlimm ist dies naturgemäß bei einem Brand in einem Tanklager oder einer Fabrik.
Wenn es gelingt, einen Brand und damit die Entwicklung von Gasen schneller einzudämmen, so wäre das ein großer Fortschritt. Ein weiterer Aspekt ist der Schutz der Feuerwehrleute. Der neue Schaum lässt sich aus größerer Entfernung auf den Brand sprühen, sodass Gefährdung und Belastung der Rettungskräfte abnehmen.
Noch steht das Projekt ganz am Anfang. Es geht darum zu verstehen, was genau geschieht. Auch muss die Zusammensetzung des Schaums, Druck und andere Einstellungen genau definiert werden, um eine möglichst gute Wirkung zu erreichen. Bis der Schaum bei einem echten Großbrand eingesetzt wird, dauert es daher noch eine Weile.
Das Interview mit Prof. Dr.-Ing. habil. Ulrich Krause als Audio-Datei finden Sie auf der Seite des BMBF https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/06/2016-06-07-hts-aerius.html.
(Quelle: Pressemitteilung BMBF)