Funktionen lebender Zellen nachahmen

14.12.2022 -  

Der renommierte Chemiker und Materialwissenschaftler Prof. Dr. Julian Thiele ist auf den Lehrstuhl für Organische Chemie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen worden. Prof. Julian Thiele forscht und lehrt an der Schnittstelle kleiner und großer Moleküle, deren Verarbeitung und anschließender Anwendungen in der Zellbiologie oder Biotechnologie, in der Enzyme, Zellen oder ganzen Organismen zur Herstellung chemischer Verbindungen genutzt werden.

 

Prof. Julian Thiele (c) Jana Dünnhaupt Uni Magdeburg

Prof. Julian Thiele (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)

 

Sein Forschungsgebiet verbinde Erkenntnisse aus der Chemie, Biologie und Prozesstechnik, so der Materialforscher. Die Kombination dieser Disziplinen mache es beispielsweise möglich, biologische Funktionen wie die Proteinsynthese und zelluläre Strukturmerkmale wie das dicht gepackte Zellinnere nachzuahmen. „Als Chemiker ist es faszinierend zu sehen, wie Polymermaterialien in Interaktion mit lebenden Zellen treten und dabei Reaktionsbedingungen und Funktionen nachahmen, manipulieren oder gar optimieren.“ Die Herausforderung bestehe unter anderem darin, so der Materialforscher weiter, Verfahren wie Mikrofluidik oder den 3D-Druck so zu optimieren, dass die daraus hervorgehenden Materialien Strukturmerkmale lebender Zellen auf Längenskalen von einigen Mikrometern aufwiesen. „Die Zuordnung der Organischen Chemie und des Chemischen Institutes zur Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik bietet an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die einzigartige Möglichkeit, Polymer-basierte Funktionsmaterialien in perfekter Vernetzung mit anderen Anwendinnen und Anwendern zu entwickeln, umfänglich zu charakterisieren sowie zu optimieren“, so Thiele.

Ein wesentliches Forschungsziel sei es, so Thiele, neuartige Polymermaterialien mittels 3D-Druck zu entwickeln, beispielsweise aus mikroskopischen Bausteinen. Polymere sind Stoffe, die aus der Verbindung kleinster Molekülbausteine, den Monomeren, entstehen, die durch chemische Reaktionen zu Ketten oder Netzwerken zusammengefügt werden. „Ein wichtiges Beispiel für solche Bausteine sind sogenannte Polymermikrogele, also Polymermaterialien, die ein bisher unbekanntes Maß an Funktionalität, Anpassungsfähigkeit und Systemintegration aufweisen“, so der Wissenschaftler, der für den Ruf vom Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. nach Magdeburg wechselte. Auf diese Weise könnte künftig eine neue Klasse von Polymerwerkstoffen aus hochfunktionalen mikroskopischen Bausteinen entstehen, die beispielsweise in der Lage sind, (bio-)chemische, mechanische oder optische Informationen parallel zu verarbeiten oder zu kombinieren.

Kurzvita Prof. Thiele

Julian Thiele hat nach seinem Studium der Chemie in Hamburg eine Promotion in Bayreuth mit Station in Harvard 2011 abgeschlossen, wofür er u. a. mit dem Kulturpreis Bayern ausgezeichnet wurde. Nach einem dreijährigen Aufenthalt als Postdoktorand an der Radboud Universität Nijmegen wechselte er mit einer Zwischenstation an der TU Dresden 2014-2015 an das Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden. Dort leitete er eine Nachwuchsgruppe des Leibniz Research Clusters zur Erforschung der nächsten Generation zellfreier Biotechnologie. Für diese Arbeiten erhielt er 2019 den Georg-Manecke-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Weiterhin hat er in Dresden das Leibniz-Applikations-Labor „Additive Fertigung/ 3D-Druck“ mit aufgebaut. Seit 2020 wird die unabhängige Arbeitsgruppe von Prof. Julian Thiele durch einen renommierten ERC Starting Grant gefördert. Parallel wurde der studierte Chemiker im August 2022 als Nachfolger von Dieter Schinzer auf den Lehrstuhl für Organische Chemie an die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen.

 

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